Berichte - Ein MAL Eins - 4x4, wofür steht das eigentlich?

Karsten‘s kleines 4x4 Einmaleins - 4x4, wofür steht das eigentlich ?

4x4 steht für 4 (hoffentlich) vorhandene Räder, von denen 4 Räder angetrieben werden können. Wir sprechen hier vom sogenannten Allradantrieb oder auch 4WD (Four Wheel Drive).
Wozu aber benötigt man den Allradantrieb ?
Grob gesagt kann ein Rad immer nur eine gewisse Kraft als Vortrieb auf den Boden übertragen. Je geringer der Reibwert oder je rutschiger der Boden, desto geringer ist die übertragbare Kraft pro Rad. Je mehr Räder die Arbeit der Kraftübertragung übernehmen, desto mehr Kraft kann nun in Vortrieb umgesetzt werden.
Schalten wir also im Gelände oder auf rutschigem Untergrund den Allradantrieb zu (sofern er nicht permanent ist), sorgen wir für eine gleichmässigere Kraftverteilung auf beide Achsen.

Was macht nun dieser kleine extra Schalthebel mit den seltsamen Bezeichnungen 2H,4H und 4L ?
2H = 2 Rad Antrieb, normale Übersetzung. Straßenbetrieb.
4H = 4 Rad Antrieb, normale Übersetzung. Schnee, Sand, schnelle Pisten, rutschiger Untergrund
4L = 4 Rad Antrieb mit Geländeuntersetzung. Geländebetrieb, Sand, rutschiger Untergrund.
In der Stellung 4L ist die sogenannte Geländereduktion zugeschaltet. Diese Reduktion im Verteilergetriebe, meist ein Wert um 2:1, sorgt für eine Verkürzung der Gesamtübersetzung und damit für eine Erhöhung der Zugkraft bei gleichzeitiger Verringerung der Geschwindigkeit.
Bei vielen Fahrzeugen mit dem oben beschriebenen Zuschaltallrad sind die Achsen vorne und hinten in den Stellungen 4H und 4L starr miteinander verbunden. Es gibt hier kein Mitteldifferential zum Ausgleich der unterschiedlichen Drehzahlen bei Kurvenfahrten, deshalb verspannt sich der Antriebsstrang bei Kurvenfahrt auf festem Untergrund in diesen Stellungen und das Fahrzeug schiebt geradeaus. Hierbei können Schäden und erhöhter Verschleiß am Antriebsstrang entstehen!
Vorsicht ist auch bei starken Bremsungen mit eingeschaltetem Zuschaltallrad angebracht. Durch die starre Verbindung beider Achsen kann es leicht zu einer Überbremsung der beim Bremsen entlasteten Hinterachse und damit zu blockierenden Hinterrädern kommen. Auch ABS Systeme verlieren ihre volle Wirkung.
 

Differentiale und Differentialsperren

4x4 Fahrzeuge haben generell mindestens 2 Differentiale. Eins in jeder Achse, wobei in der hinteren Achse meist werksseitig eine sogenannte Differentialbremse verbaut ist.
Das Differential gleicht die unterschiedlichen Raddrehzahlen bei Kurvenfahrt aus.
Auf gerader Strecke bekommen beide Räder den gleichen Anteil der Antriebskraft ab. Dreht aber nun ein Rad durch, geht die Antriebskraft den Weg des geringsten Widerstands, das Differential leitet die Kraft an das nun eh schon durchdrehende Rad und der Vortrieb ist im Extremfall gleich Null.
Eine Differentialbremse greift hier automatisch ein und bietet dem durchdrehenden Rad einen Widerstand und leitet so einen Teil der Kraft (~60%) an das gegenüberliegende Rad und dieses sorgt nun für den Vortrieb.
Eine sogenannte Differentialsperre, sei sie manuell per Schalter oder automatisch betätigt, verbindet bei Bedarf beide Räder fest miteinander und unterbindet somit das Durchdrehen eines einzelnen Rades. Differentialsperren dürfen nicht bei bereits durchdrehenden Rädern geschaltet werden! Immer warten bis beide Räder stehen oder das Fahrzeug mit gleichbleibender Geschwindigkeit geradeaus fährt!

Grundsätze des Geländefahrens

Die Sitzposition sollte erhöht und aufrecht sein, um das Gelände und das Fahrzeug überblicken zu können.
Grundsätzlich gilt: ANSCHNALLEN!
Die Daumen immer aus dem Lenkrad halten. Schlägt das Lenkrad zurück, ist der Daumen ab! Die Geschwindigkeit ist dem Gelände anzupassen. Lose Gegenstände im Fahrzeug befestigen und sicher verstauen. Freilaufnaben (sofern manuelle vorhanden) verriegeln und Allrad, ggf. Untersetzung einlegen. Im Zweifel an geeigneter Stelle anhalten, aussteigen und das Gelände zu Fuß sondieren. Der Beifahrer ist zuständig für die Bergung (so hart es ist) und hat bei Bedarf die Aufgabe des Einweisers.
TREAD LIGHTLY! Umweltschutz ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je.
Bleibt auf den ausgewiesenen Wegen und Geländen. Wilde Ausritte durch Wald und Flur sind nicht nur teuer, sondern schädigen neben der Natur auch das Image der Offroader.
Grundsätzlich sollte jedes Fahrzeug über einen Bergegurt und einen geeigneten Befestigungspunkt vorne wie hinten verfügen. Als zusätzliche Ausrüstung empfiehlt sich immer festes Schuhwerk, ein Klappspaten und ein Kanister mit Wasser. Vor der Rückkehr auf die öffentliche Strasse müssen die Leuchten gesäubert und das Fahrzeug etwas vom Dreck befreit werden, um andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden.

Fahren im Gelände - Bergfahrten

Bergauf und bergab wird grundsätzlich immer in der geraden Falllinie gefahren, dabei das Lenkrad gerade halten und nicht lenken.
Bergab möglichst nicht bremsen. 1.Gang Untersetzung reicht, um das Fahrzeug langsam bergab rollen zu lassen. Wird gebremst, können ein oder mehrere Räder die Haftung verlieren und das Fahrzeug beschleunigt und wird unkontrollierbar. Überschlaggefahr!
Sollte das Fahrzeug hinten nach einer Seite rutschen, kann dies durch etwas Gas geben korrigiert werden.
Ansonsten gilt "FÜßE VON DEN PEDALEN" beim bergab Fahren.
Bergauf das Lenkrad gerade halten, 1. oder 2. Gang Untersetzung und mit genügend Schwung rauf auf den Berg. Am Berg nicht vom Gas gehen, erst kurz vor Erreichen der Kuppe das Gas wegnehmen, um ein Überspringen der Kuppe zu vermeiden.

IMMER zuerst die Gegenseite der Kuppe zu Fuß checken, ob hier nicht ein Abgrund lauert. Nach Möglichkeit einen Einweiser auf der Kuppe platzieren, um evtl. Gegenverkehr rechtzeitig angezeigt zu bekommen.
Sollte die Bergauffahrt nicht erfolgreich sein, ist das Fahrzeug zu stoppen.
Handbremse ziehen und Fußbremse voll durchtreten, jetzt den RÜCKWÄRTSGANG einlegen, Handbremse lösen und die "FÜßE VON DEN PEDALEN", NICHT BREMSEN!
Lenkung gerade und das Fahrzeug rückwärts den Berg runter rollen lassen.
Der Rückwärtsgang in Verbindung mit der Untersetzung bremst das Fahrzeug genügend ab.

NICHT WENDEN! <- Das würde einen Überschlag sehr erfolgversprechend provozieren.

Fahren im Gelände - Schrägfahrten

Geländefahrzeuge haben einen Kippwinkel von etwa 35-42°. Dieser Wert ist ein statischer Wert und kann in der Praxis während der Fahrt durch Spurrinnen, Steine oder ähnliches schnell verringert werden.
Schrägfahrten immer so kurz wie möglich halten und so langsam wie möglich fahren. Hohe Aufbauten oder Dachlasten verringern den Kippwinkel zusätzlich.
Im Zweifel das Fahrzeug mit einem Bergegurt oder einem zweiten Fahrzeug mit Winde sichern.
Grundsätzlich gilt: NIEMAND hält sich auf der bergabführenden Seite  des Fahrzeuges auf (also DARUNTER), weder bei Bergfahrten noch bei Schrägfahrten (LEBENSGEFAHR!).

Fahren im Gelände - Wasser

Wasserdurchfahrten sind immer zuerst zu Fuß auf ihre Tiefe zu prüfen. Die Wattiefe eines Geländewagens beträgt ca. 50 cm, das ist nur knapp über Kniehöhe!
Ins Wasser eingefahren wird im 2.Gang Untersetzung und zwar langsam. Die Bugwelle sollte nicht zu hoch sein, anderenfalls besteht die Gefahr, Wasser in die Luftansaugung des Motors zu bekommen. Dies würde den sofortigen und endgültigen Stillstand und meistens auch den Ruin des Besitzers bedeuten.
Eine Plane vor dem Kühler kann bei längeren Wasserdurchfahrten das Eindringen von Spritzwasser, welches durch den Lüfterflügel verteilt werden würde, verhindern.
Im Wasser wird dann im 2. Gang Untersetzung zügig gefahren, NICHT BREMSEN, KUPPELN oder SCHALTEN! Durch den hohen Widerstand des Wassers würde das Fahrzeug sofort zum Stillstand kommen und Anhalten im Wasser ist tunlichst zu vermeiden.
Steigungen beim Ausfahren aus dem Wasser ruhig mit etwas mehr Gas nehmen.

Nach der Wasserdurchfahrt auf alle Fälle die Bremsen trocknen lassen, Bremsversagen droht.
Nach den Wasserspielen sämtliche Öle, vor allem Achsen und Getriebe, auf Wassereinbruch prüfen und ggf. wechseln. Radlager nicht vergessen zu fetten.

Fahren im Gelände - Schlamm & Sand

Schlamm

Der dreckige Bruder des Wassers.
Hier ist vor allem ein schmerzfreier rechter Fuß gefragt. Schlammpassagen verlangen Schwung und Power. Auch hier gilt, nie vom Gas gehen, sonst bleibt man bitterböse stecken.

Sand

Im Sand spielt der richtige Luftdruck eine große Rolle. Je weniger Luft im Reifen, desto größer ist die Reifenaufstandsfläche und der Reifen gleitet besser über den Sand. Feinprofilierte Reifen sind hier klar im Vorteil.
Wie im Wasser heißt es in lockerem Sand nicht den Schwung zu verlieren.
Sollte man wirklich stoppen müssen, einfach die Kupplung treten, nicht bremsen. Weicher Sand bietet genug Widerstand um das Fahrzeug effektiv zu bremsen. Würde man zusätzlich bremsen, würde sich ein Keil vor dem Reifen aufbauen und beim anfahren würde sich das Fahrzeug eingraben. Bergab könnte dies sogar zu einer Rolle vorwärts führen.
Nach der Sandpassage ist der Luftdruck wieder zu korrigieren.

Fahren im Gelände - Fels

Sogenanntes "Rock Crawling" fordert eine sehr kundige Hand am Lenkrad und einen sehr guten Einweiser. Da Fels ja bekanntlich härter als Stahlblech ist (von Alu reden wir erst gar nicht!) sind Schäden an der Karosserie wahrscheinlicher als im Sand oder Schlamm.
Ähnlich wie im Sand ist der Luftdruck ein wichtiger Faktor am Fels. Der Reifen kann sich mit weniger Luftdruck besser an den Untergrund anschmiegen und "schluckt" Hindernisse, indem er diese umschließt anstatt darüber hinweg zu wollen.
Beim Rockcrawling wird extrem langsam gefahren, um ein Springen des Fahrzeugs zu verhindern. Die Linie muss sehr sorgfältig gewählt werden, damit die Differentiale und die Ölwanne nicht aufsitzen oder aufgerissen werden können.
Im Zweifel Fahrzeug mit Winde oder Bergegurt sichern.

Bergen

Wieder alles falsch gemacht und stecken geblieben? Kein Problem!
Bergen mit Bergegurt und zweitem Fahrzeug
Den Bergegurt (mind. 6 Tonnen Bruchlast!) mit geeigneten Schäkeln (mind. 6 Tonnen Bruchlast) an beiden Fahrzeugen befestigen. Die Schraube des Schäkels ist nach dem Zudrehen wieder eine halbe Umdrehung zu öffnen und befindet sich auf der Gurtseite des Schäkels.
Das ziehende Fahrzeug zieht VORWÄRTS. Würde rückwärts gezogen, könnte man den Antriebsstrang des Zugfahrzeugs überlasten.
Den Gurt spannen bis er kurz vor straff ist. Jetzt geben BEIDE Gas, der Gezogene versucht dabei, dem Ziehenden nicht in die hintere Stoßstange zu donnern.
Während der Aktion befindet sich niemand zwischen den Fahrzeugen oder im Umkreis der 1,5-fachen Seillänge des Bergegurtes. Sollte dieser reißen, besteht Lebensgefahr.

Bergen mit Winde

Hier unterscheiden wir zwischen der Selbstbergung mit eigener Winde und der Fremdbergung mit der Winde eines anderen Fahrzeuges.
Bei der Selbstbergung wird das Windenseil zu einem Festpunkt (z.B. Baum) geführt und dort mit Hilfe eines Baumgurtes befestigt. Dabei ist darauf zu achten, dass das Windenseil nirgends scheuert, evtl. Fußmatten zwischen Seil und Fels legen. Auf das Seil wird ein Gewicht (Jacke, Fußmatte o.ä.) gelegt. Falls das Seil reißt, wird es durch das Gewicht nach unten gedrückt. Sollte die Kraft der Winde nicht reichen um das Fahrzeug zu befreien, muss das Seil mit Hilfe einer Umlenkrolle gedoppelt werden.
Vorsicht, hier treten enorme Kräfte auf.
Beim Windeneinsatz sollte der Fahrer immer mit 1. Gang Untersetzung versuchen die Winde zu unterstützen.
Für die Fremdbergung ist es wichtig das Fahrzeug mit der Winde auf sicherem Boden abzustellen und ggf. hinten an einem Baum o. ä. zu sichern.
Die weitere Vorgehensweise entspricht der der Selbstbergung mit Winde.
Bei allen Windenarbeiten gilt "NIEMAND HÄLT SICH IM GEFAHRENBEREICH AUF!"
Als Gefahrenbereich wird die 1,5-fache Seillänge gesehen.

Fahrzeugpflege nach dem Geländeeinsatz

Eine gründliche Reinigung des Unterbodens sowie der gesamten Bremsanlage und des Motorraums ist nach den meisten Geländeeinsätzen unumgänglich.
Festsitzender Dreck sollte mit Hilfe eines Hochdruckreinigers vorsichtig entfernt werden ohne den Lack zu beschädigen. Nicht am Wasser sparen!

Speziell im Bereich zwischen Bremsscheibe und Abdeckblech setzen sich schnell kleinere Steine fest, die dann tiefe Spuren in der Bremsscheibe hinterlassen.

Scheinwerfer, Scheiben, Kennzeichen etc. sind natürlich auch zu säubern.
Dreck sammelt Wasser. Eine gründliche Reinigung ist die beste Rostvorsorge.

Sämtliche Öle auf Wassereinbruch prüfen. Kontaminiertes Öl erkennt man an der milchigen Farbe. Kontaminierte Öle sind sofort zu wechseln, da sie die Schmierung nicht mehr gewährleisten und große Schäden nach sich ziehen können.

Luftdruck wieder auf Straßenniveau laut Bedienungsanleitung bringen und Reifen auf Beschädigungen prüfen (optische Kontrolle).

Angstschweiß des Beifahrers aufwischen.

 
Text: Karsten Pries www.offroad-events.org
Fotos: Karsten Pries www.offroad-events.org

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