Eigentlich ist es noch viel zu früh für einen
“Erfahrungsbericht”, da aber mancher hier für die kommende Reisesaison nach
einem landytauglichen Kochgeschirr suchen wird, dachte ich, ich riskier mal
eine Anregung.
Die Vorgeschichte:
Nicht weniger als ein Jahr lang suchte ich intensiv nach einem halbwegs
kompakten Basecamp Kochgeschirr, nur um festzustellen, dass schlichtweg
keines existiert:
- Solides Haushaltskochgeschirr ist ideal, aber wegen ausladender Griffe und
mangelnder Stapelbarkeit miserabel zu stauen.
- Horrend überteuertes Trekking-Geschirr ist leicht und kompakt, aber zu
klein, zu unhandlich, oft zu unsicher (Griffe) und meist viel zu dünnwandig,
um ohne Anbrennen oder gar Beschädigungen ernsthaft darin zu kochen.
Entsprechend sind die Kundenbewertungen z. B. bei Globetrotter zumindest für
einfachere Trekking-Geschirre überwiegend vernichtend.
- Es gibt kein "Campinggeschirr". Alles, was dennoch als "Campinggeschirr"
angeboten wird, ist einfach nur Nepp.
- Militärgeschirr ist entweder zu groß oder zu spartanisch.
- Von Tefal gibt es ein umfangreiches, schachtelbares Kochgeschirr in
Haushaltsqualität mit abnehmbaren Griffen, das “Ingenio”, auch “Eureka”. Man
kann sogar wählen zwischen Emaille, Edelstahl und Antihaftbeschichtung
rundum. Ironischerweise gibt es keinerlei Deckel dazu (nur ein billiges
Plastiksieb), und es ist fast nur im Ausland erhältlich. (Nachtrag: Gibt's
bei Woick.)
Im letzten Urlaub habe ich notgedrungen und widerwillig ein umfangreiches,
beschichtetes CampingGaz Geschirr für stattliche EUR 50 benutzt. Nach zehn
Minuten Bratkartoffelbetrieb auf dem BW Petroleumkocher - bei Windstille -
tropfte der rechte Pfannengriff in den Kocher, der linke hielt sich mit
letzter Kraft: Schrott.
Das Happy End:
Ich war schon entschlossen, im Juli meine Fissler Profitöpfe mit nach
Schottland zu schleppen, als ich bei Globetrotter auf das Snow Peak Heavy
Duty Kochgeschirr stieß, das dort erst seit 2004 angeboten wird. Snow Peak
ist bekannt als Hersteller von luxuriösen, oft genialen bis komplett
ausgeflippten Trekking-Produkten mit stets preisverdächtigem Design und
irgendwie zen-artigem Charme (die faltbare Feuerschale, das Titan Café Latte
Set, das Trekking-Gebets- und Esstischlein).
Das Snow Peak Kochgeschirr in der Ausführung 3 umfasst:
- einen 20 cm Topf mit Deckel, Edelstahl
- einen 17,5 cm Topf mit Deckel, Edelstahl
- einen Siebeinsatz für den großen Topf, Edelstahl
- eine schwere 20 cm Eisenpfanne
- einen schweren Schraubgriff, Holz
- einen rutschsicheren Topfhandschuh, zugleich Transporthülle für den Griff
- ein Tragenetz für alles
Die Töpfe sind (außen blank, innen mattiert) aus 0,5 mm Blech, die gut
schließenden Deckel aus 0,8 mm Blech. Alle Töpfe haben statt Griffen solide,
breite Henkel. So sind sie ökonomisch zu stauen, mit einer Hand zu tragen
und können auch mal per Dreibein rustikal über einem Holzfeuer baumeln (es
fehlt allerdings eine Nut für einen Haken). Die Henkel haben einen Anschlag
in senkrechter Stellung, der das Umschlagen verhindert und das Ausgießen
erleichtert. Der kleinere Topf besitzt zusätzlich eine vierfach genietete
Aufnahme für den Pfannengriff, um zu einem handlichen Stieltopf zu werden.
Angenehmes Detail beim Kochen auf der Zargesbox (und erst recht im Dreck):
Die Deckel können mit dem Knauf am Topfrand "geparkt" werden, wie sich das
ohnehin gehört.
Der große Topf nimmt den feinmaschigen Siebeinsatz (mit Henkel) auf. Statt
z. B. die Pasta beim Abgießen in die Wildnis zu kippen, kann man sie mit
einem Handgriff herausnehmen. Da das Sieb nur zwei Drittel der Topfhöhe
beansprucht, sollte es mit einer geeigneten Unterlage sogar als Dämpfeinsatz
taugen. Obendrein kann man es als Salatschleuder, Pilz- oder
Erdbeerkörbchen, Insektenschutz oder sonstwas missbrauchen. Mit genügend Öl
könnte man sogar Pommes Frites machen...
Die urige Eisenpfanne mit dem massiven Schraubstiel ist so robust, dass man
sie bedenkenlos zur Selbstverteidigung einsetzen kann. Entsprechend Snow
Peaks japanischen Wurzeln funktioniert sie in bester Wok-Tradition: vor
Gebrauch muss zunächst der Rostschutz des Herstellers unter großer Hitze
heruntergebrannt werden, danach wird die Pfanne mit erhitzem Speiseöl
ausgekocht und imprägniert. Die Pfanne soll ohne Spülmittel gereinigt,
sorgfältig getrocknet und ggf. eingefettet werden, um Korrosion oder
Anhaftungen zu vermeiden. Der Deckel des großen Topfes passt übrigens nicht
nur irgendwie auf die Pfanne - er schließt dicht und rutschsicher ab.
Die dicke Befestigungsschraube des Pfannenstiels ist komplett durch den
Griff geführt. So besteht keine Gefahr, dass sich igendwann irgendwas
lockert.
Der ganze Kram ist ohne Fummelei sauber ineinander staubar und kann im Netz
oder am Henkel getragen werden. Die Auf- und Abbauzeit beträgt (ohne Netz)
genau 30 Sekunden. Verpackt ist das Kochgeschirr 20 cm hoch und passt in
eine flache Zargesbox. Das Gewicht beträgt 2,1 kg.
Das Kochgeschirr wirkt - für Outdoorverhältnisse - sehr manierlich
verarbeitet und ist laut Hersteller für extrem heißen Betrieb auf Holz- und
Kohlenfeuer ausgelegt. Lediglich die lackierten Holzgriffe der Topfdeckel
machen mich etwas unruhig, weil ich nicht weiß, ob sie von der Sorte sind,
die bei Nässe quillt und beim Trocknen reißt (zumindest sind sie nicht mit
billigen Holzschrauben sondern manierlichen Gewindebuchsen befestigt).
Desweiteren sind alle Böden spiegelglatt, was zwar die Reinigung
erleichtert, die Standsicherheit auf kleinen Kochern aber nicht unbedingt
erhöht. Für minimalistische Expeditionskocher (etwa nach Art des XGK mit
seinem sehr kleinen Topfrost) wäre das Geschirr ohnehin etwas groß. Die
Topfböden sind nach wie vor etwas dünn, was raffinierte Schmorgerichte in
der Namib zumindest heikel erscheinen lässt.
Die ersten Koch- und Brattests sind sehr vielversprechend (und lecker)
verlaufen. Näheres in ein paar Monaten. Das Set kostet EUR 90,-.
Guten Hunger!
Wegen des furiosen Echos hier der angekündigte Erfahrungsbericht:
Hatte das Snow Peak Kochgeschirr drei Wochen lang in eher unregelmäßigem
Gebrauch auf meiner Schottland-Reise.
- Die Handhabung ist phantastisch einfach und sicher. Dank robuster,
umschlagsicherer Henkel und passgenauer Deckel sind auch knifflige
Operationen wie das Abgießen von Reis nie ein Problem. Auch der Topflappen
ist i.d.R. überflüssig. Zudem erleichtern die handlichen Henkel das Essen
direkt aus dem Topf.
- Die Töpfe sind ausreichend hitzefest, die Böden minimal gebläut aber
selbst durch die XGK-"Schweißflamme" kein bisschen verformt. Gut!
- Das Geschirr ist groß, für zwei und mehr Personen ausgelegt. Durch die
größere Grundfläche nimmt es aber die Hitze besser auf, was Zeit und
Brennstoff spart. Außerdem kann man so prima den ganzen Gewürzkrimskrams im
Kochgeschirr stauen. Ich könnte noch einen kleineren Topf für mein
Frühstücksei gebrauchen...
- Die (üblicherweise heikle) Pfanne nimmt es - einmal "eingefahren" - locker
mit jeder Teflonpfanne auf. Selbst Paniertes klebt nicht an, sogar der etwas
zu dünn geratene Bannock-Teig klebt nicht an, auch Reisgerichte kleben nicht
an. Steaks missraten nicht zur Holzkohle oder zum Suppenfleisch. Zur
Reinigung genügt i.d.R. Auswischen unter klarem Wasser.
- Nach zwei Tagen Sauna in der feuchtgeregneten Kochkiste zeigte die frisch
gewaschene Eisenpfanne tatsächlich minimale Spuren von Rost an der
Unterseite. Penibles Trocknen und Einölen sind also nicht nur vom Hersteller
empfohlen, sondern auch nötig (und problemlos machbar).
- Allerdings schlingert die glitschige Pfanne auf dem kleinen Drahtrost
meines XGK-Zweitkochers umher wie dunnemals Stefan Raabs Wok auf der
Eisbahn.
- Zu ergänzen wäre vielleicht noch, dass da mit der Zeit so etwas wie eine
Lackschicht auf der Pfanne zu schwinden scheint (wie offenbar auch anderen
Verwendern auffiel). Eine Beeinträchtigung der Funktion habe ich aber weder
bemerkt, noch davon gehört. (Snow Peak erwähnt lediglich einen
provisorischen Rostschutz, der eigentlich VOR Gebrauch durch einmaliges
Erhitzen getilgt sein sollte.)
- Beschädigungen nach drei Wochen Umherrumpeln in der Kochkiste: Pfanne
minimal rostig (abgewischt, eingeölt), ein Topfhenkel geringfügig verbogen
(spurlos behoben), stecknadelkopfgroße Delle in einem Topfdeckel (nun ja).
Fazit: Unauffällig, praktisch, durchdacht, leistungsfähig, wunderschön,
minimal pflegebedürftig. Das derzeit einzige Kochgeschirr, das ich jedem
empfehlen würde, der unterwegs mehr sucht als bloße Stoffwechsel-Erhaltung.
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Text:
Norbert Hübner |
Fotos: Norbert
Hübner / snow peak |
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